Aufarbeitung des Dopings im DDR-Sport: Neue Studie zu historischer Verantwortung und politischer Repression

"Die Dinge müssen aufgearbeitet werden. Was bedeutet staatliches systematisches Doping, was wenn Kinder davon betroffen sind, was wenn die SportlerInnen nicht darüber reden dürfen, wie es ihnen körperlich ergeht, wenn die SportlerInnen nicht wussten, was mit ihnen gemacht wurde? Der DDR-Leistungssport war insofern kein freier, kein fröhlicher Raum, sondern ein Raum der Staatssicherheit und des staatlichen Zwangs. Die Studie soll Opfern dabei helfen, ihre Biographien und ihre eigene Positionen besser zu erarbeiten. Die Studie zeigt, wie rücksichtslos und verächtlich das SED-Regime mit dem Körper der Menschen umgegangen ist. Es geht dabei nicht darum, einzelnen SportlerInnen zu nahe zu treten, Sportler-Bashing zu betreiben, sondern zu zeigen, wer hat die Substanzen und die Spritzen gehabt, wer hat als Trainer und als Arzt das Vertrauen missbraucht. Daher ist das heute für mich ein wichtiger Tag, am dem wir die Studie zusammen mit dem Landessportbund vorlegen können."

Das erklärte Ministerpräsident Bodo Ramelow in der Regierungsmedienkonferenz am 22. August in Erfurt, in der eine Forschungsarbeit zur Aufarbeitung des Dopings im DDR-Sport vorgestellt wurde, die vom Zentrum deutsche Sportgeschichte Berlin-Brandenburg e.V. erstellt wurde. Auftraggeber waren die Thüringer Staatskanzlei und der Landesportbund Thüringen (LSB). Ziel der Studie ist die Auseinandersetzung mit dem systematischen, staatlichen Doping in der DDR sowie den Repressionen im DDR-Leistungssportsystem als Bestandteil der Aufarbeitung von SED-Unrecht in Thüringen. Das Historiker-Team hat hierbei u. a. die Akten der Dopingprozesse ausgewertet, um auf deren Grundlage die Mechanismen des Staatsdopings zu bewerten. Der erweiterte Blick auf das historische Geschehen soll dazu beitragen, die Leidensgeschichte Betroffener präziser rekonstruieren und einzuordnen zu können. Hieraus Unterstützungsangebote zu entwickeln, die eine Hilfe für die Betroffenen in den Antragsverfahren auf Opferentschädigung und Rehabilitierung sind, ist ein wichtiger Schritt, der auf die Forschungsarbeiten folgen wird.

In Anwesenheit von Ministerpräsident Bodo Ramelow und LSB-Hauptgeschäftsführer Thomas Zirkel haben die HistorikerInnen Dr. Jutta Braun und Dr. René Wiese Ergebnisse ihrer Studie in der Regierungsmedienkonferenz erstmals öffentlich vorgestellt.

Öffentliche Ausstellung bis zum 10. September im Thüringer Landtag

Die Veröffentlichung der Forschungsergebnisse bietet zudem den Rahmen für eine Ausstellung mit Bildern, mit denen Betroffene vom Doping im DDR-Leistungssport das Erlebte aufgearbeitet haben. Die Kunstausstellung „Mein Sport. Meine Seele. Meine Kunst.“ wurde mit Unterstützung des Forums für selbstbestimmten Sport, dem doping-opfer-hilfe e.V., vom Landessportbund Thüringen e.V. organisiert. Landtagspräsidentin Birgit Pommer eröffnete die öffentliche Ausstellung im Thüringer Landtag, die noch bis zum 10. September kostenfrei zu besichtigen ist. 

Auf die Eröffnung der Ausstellung folgte eine Podiumsdiskussion zu den „Dopingprozessen“ Ende der 1990er Jahre in der Veranstaltungsreihe „Lasst uns reden!“ – ebenfalls im Thüringer Landtag. In der Runde diskutierten neben Dr. Jutta Braun und Dr. René Wiese vom Zentrum deutsche Sportgeschichte Berlin-Brandenburg e.V. der ARD-Experte für Doping und Sportpolitik Hajo Seppelt, der die Dopingprozesse als Journalist begleitete. Weiterer Gast war Renate Vogel, erfolgreiche ehemalige DDR-Schwimmerin und Olympionikin, die sich nach ihrer Flucht in die Bundesrepublik 1979 an der Aufklärung des DDR-Zwangsdopings maßgeblich beteiligte und deshalb vom SED-Regime massiv bedroht wurde. Die Veranstaltung wurde gefördert von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und gemeinsam von der Thüringer Staatskanzlei, dem Landessportbund Thüringen e.V. und dem Thüringer Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur präsentiert. 

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Quelle: Thüringer Staatskanzlei

Ministerpräsident Bodo Ramelow, LSB-Hauptgeschäftsführer Thomas Zirkel sowie die Historiker Dr. René Wiese und Dr. Jutta Braun. Foto: TSK

Noch bis zum 10. September ist die Kunstausstellung "Mein Sport. Meine Seele. Meine Kunst" im Thüringer Landtag kostenfrei zugänglich. Foto: LSB


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