Die Thüringer Sportfamilie trauert um Gerhard Grimmer. Der erste deutsche Skilanglauf-Weltmeister und frühere Mitarbeiter des Landessportbundes Thüringen (vornehmlich zuständig für den Nachwuchsleistungssport) verlor am 9. Oktober den Kampf gegen eine Krebs-Erkrankung. Bereits im Umfeld von Grimmers 80. Geburtstag am 6. April hatten die Ärzte ein Melanom am linken Fuß festgestellt. Sechs Monate nach der Krebs-Diagnose starb der frühere Doppel-Weltmeister im heimischen Seligenthal.
Der Seligenthaler war als Sportler eine Ikone, hat in seiner großen Karriere für viele nachhaltige Glanzlichter gesorgt und war in der Welt des Skilanglaufs noch immer ein strahlender Fix-Stern. Vom Polarkreis über die skandinavischen Traditions-Orte bis zu den mitteleuropäischen Langlauf-Zentren genoss der Thüringer Doppelweltmeister hohes Ansehen. Nicht allein wegen der großen Erfolge, sondern auch wegen seiner Fairness, Kameradschaft und seiner Bescheidenheit. Er war 1974 der erste deutsche Skilanglauf-Weltmeister und wurde damit ein Vorbild für einige Skilanglauf-Generationen, in Deutschland und fast noch mehr in Skandinavien.
Das einzige was Gerhard Grimmer, der erfolgreichste Skilangläufer der Welt zwischen 1970 und 1975 mit zwei WM-Titeln, dreimal WM-Silber und einmal Bronze, nicht gewonnen hat, ist olympisches Edelmetall. Bei den Winterspielen 1976 in Innsbruck wollte der als Mitfavorit gestartete aktuelle Staffel-Weltmeister der DDR diese Lücke schließen. Doch kurz nach dem ersten Wechsel von Gerd Hessler auf Axel Lesser nahm die Tragödie im Langlauf-Stadion von Seefeld ihren Lauf. Axel Lesser führte das Feld vor dem Schweden Christer Johansson an, ehe er in einer Abfahrt mit einer mysteriösen Person kollidierte. Lesser stürzte, verletzte sich dabei, konnte sich nicht wieder aufrappeln. Aus war der Traum vom Staffel-Erfolg. Verletzt wurde er in die Klinik eingeliefert, als Gerhard Grimmer beim Warmlaufen war. „Ich konnte das nicht fassen“, beschreibt Grimmer die Situation. Schnell kursierten auch Gerüchte um die Person, die Axel Lesser ausgeknockt hatte. Es wurde von einer Touristin oder einer Trainerin einer anderen Nation gesprochen. Foto- oder Kamera-Beweise gab es nicht. Deshalb verzichtete die Mannschaftsführung auf einen Protest. Bis heute ist die Karambolage ungeklärt.
Nach seiner aktiven Laufbahn war Grimmer im Juni 1990 der Gründungspräsident des Thüringer Skiverbandes, als legitimer Nachfolger des bereits 1905 aus der Taufe gehobenen Thüringer Wintersport-Verbands. In der Wendezeit war er der Interessenvertreter der ehemaligen Ost-Landesverbände im Deutschen Skiläuferverbandes der DDR (DSLV) bei den Verhandlungen zum Beitritt der Ost-Verbände in den Deutschen Skiverband (DSV). „Unser Ziel war es, so viel wie möglich von unseren Stützpunkten zu erhalten, den Bestrebungen zur Auflösung der Kinder- und Jugend-Sportschulen zu widerstehen, unsere besten Aktiven in die gesamtdeutschen Nationalmannschaften einzugliedern und möglichst vielen Trainern im Interesse des Sports ihren Job zu erhalten“, beschrieb Grimmer die damaligen Verhandlungspositionen. Gelungen ist das in Thüringen über weite Strecken besser als in anderen Bundesländern, auch dank des Engagements der Bundeswehr in Oberhof.
Beim „Vorgänger“, dem Oberhofer Armeesport-Klub (ASK), wurde Grimmer als Oberst 1981 zum Chef berufen. Die Funktion hatte er bis 1990 inne. Nach der Wende war er zwar von der Bundeswehr übernommen worden, doch gab es für ihn keine Aufgaben mehr. Grimmer stellte den Antrag auf Entlassung aus der Armee und war ab 1. Januar 1991 wieder Zivilist. Zivilist mit vielen ehrenamtlichen Aufgaben. Als Präsident des Thüringer Skiverbandes blieb er fünf Jahre im Amt. Bereits vor dem Verbandstag 1995 stellte Grimmer sein Amt zur Verfügung.
Am 13. Oktober 14.30 Uhr können die Langlauf-Fans Abschied von Gerhard Grimmer bei der Trauerfeier in der Kirche seiner Heimatgemeinde Seligenthal nehmen. Und sicher scheint: Die Thüringer Langlauf-Fans werden Gerhard Grimmer, der Ehefrau Ellen und Tochter Steffi hinterlässt, als Vorbild in guter Erinnerung behalten und ihn nicht vergessen. Die Thüringer Sportfamilie drückt der Familie ihre aufrichtige Anteilnahme aus.
