Haftung – Mit wachsender Erfahrung wachsen auch die Sorgfaltspflichten
Im Rahmen des sogenannten Organisationsverschuldens hat das Oberlandesgericht Brandenburg die Haftung des Vorstands für einen grob fahrlässig verschuldeten Schaden angenommen. Während einer Showvorführung kamen sich zwei Kutschengespanne derart nahe, dass sie kollidierten. Das hätte mit einem detaillierteren Ablaufplan vermieden werden können, so das Gericht. Einen solchen Plan nicht zu erstellen, sei grob fahrlässig gewesen. Dabei kam für den Vorstand erschwerend hinzu, dass er dies aufgrund seiner jahrelangen Erfahrung in diesem Sport hätte wissen können und müssen. Die jahrelange Erfahrung verschärfe den Sorgfaltsmaßstab. Oder anders gesagt: Wer mehr weiß oder mehr kann, muss diese Fähigkeiten einsetzen, um einen Schaden zu vermeiden.
(OLG Brandenburg; 25.09.2024; Az.: 7 U 121/23)
Eine Notbestellung des Vorstands nach § 29 BGB bei ausgeschiedenen Vorstandsmitgliedern ist oft nicht notwendig
Wenn Vorstandsmitglieder frühzeitig ausscheiden und die Satzung nichts zu deren Nachbesetzung regelt, stehen die Vereine vor der Frage – was nun? Solange der Verein noch vertreten werden kann und der Vorstand seine Aufgaben weiterhin wahrnehmen kann, ist keine Notbestellung geboten. Das ist auch dann nicht der Fall, wenn der verbleibende Vorstand die Aufgaben wahrnehmen könnte, es aber nicht tut. Das Oberlandesgericht Karlsruhe stellt in seiner Entscheidung vom 16.07.2024 klar, dass die Notbestellung eines Vorstands nicht dazu dienen kann, vereinsinterne Streitigkeiten zu beheben. Insofern seien die Mitglieder des Vereins auf die in der Satzung geregelten Mittel zu verweisen und müssten insbesondere entsprechende Beschlüsse der Mitgliederversammlung herbeiführen, auch zur Neuwahl von Vorstandsmitgliedern.
Fazit: Wenn es im Verein kriselt, sind in erster Linie die Mitglieder gefragt und nicht die Gerichte.
(OLG Karlsruhe, 16.07.2024, Az.: 19 W 29/24 (Wx))
Trotz Abwahl kein Löschungsanspruch gegenüber dem Vereinsregister
Ehemalige Vorstandsmitglieder werden im Vereinsregisterauszug chronologisch aufgelistet. Das wollte ein ausgeschiedenes Vorstandsmitglied verhindern und berief sich auf den datenschutzrechtlichen Löschungsanspruch, da die Daten im Register für jedermann zugänglich sind. Der BGH sagt nun, dass ehemalige Vorstandsmitglieder nicht grundsätzlich die Löschung der Daten im Vereinsregister verlangen können. Eine Sperrung der Daten sei jedoch möglich, wenn die Vorstandstätigkeit länger als 10 Jahre zurückliegt und kein besonderes Informationsinteresse der Öffentlichkeit mehr an den Daten besteht. Ob und wenn ja, wie die Vereinsregister auf diese sehr vage Entscheidung reagieren, bleibt abzuwarten.
(BGH, 04.06.2024, Az.: II ZB 10/23)
Gesetzesinitiative zur Haftungserleichterung ehrenamtlicher Vorstandstätigkeit
Der Bundesrat wird sich demnächst auf Initiative Bayerns hin mit einem Gesetzesentwurf befassen, der den Haftungsfreibetrag von 840,00 € auf 3.000,00 € heraufsetzen kann. §§ 31a und 31b BGB beschränken die Haftung von ehrenamtlich tätigen Vorstandsmitgliedern und anderen für den Verein tätigen Ehrenamtlern gegenüber dem Verein auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit, soweit diese jährlich nicht mehr als 840,00 € an Aufwandsentschädigung erhalten. Der Verein muss diesen Ehrenamtlern Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit nachweisen. Mit der Anhebung des Haftungsfreibetrages soll ehrenamtliches Engagement gestärkt werden. Der Gesetzesentwurf stellt allerdings auch klar, dass eine Anhebung des Freibetrages keinerlei Auswirkungen auf die Beurteilung der Besteuerung von Aufwandsentschädigungen haben soll.
Kontakt:
Anke Schiller-Mönch
Referentin Recht
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