LSB, Staatskanzlei und Landesarchiv wollen zentrale Datenbank für DDR-Doping-Opfer und Wissenschaft

Landessportbund Thüringen, Thüringer Staatskanzlei und Landesarchiv Thüringen arbeiten an gemeinsamer Konzeption zur Erfassung und Nutzung von Informationsquellen zur Vergabepraxis von Dopingmitteln und erlittenem Unrecht im DDR-Sport

Die Thüringer Landesregierung setzt sich seit 2014 verstärkt für die Aufarbeitung von SED-Unrecht ein und widmet sich in diesem Zusammenhang auch dem Thema Doping im DDR-Sport. Gemeinsam mit dem Landessportbund Thüringen (LSB) ist neben der historischen Auseinandersetzung die Entschädigung von Opfern und Betroffenen ein wichtiges Anliegen, zahlreiche Maßnahmen wurden bereits umgesetzt.

Am 2. September 2021 trafen sich LSB und Thüringer Staatskanzlei erneut, um sich gemeinsam mit dem Landesarchiv Thüringen im Haus des Thüringer Sports in Erfurt darüber auszutauschen, wie es Betroffenen und Verwaltung in den Antragsverfahren auf Opferentschädigung erleichtert werden kann nachzuweisen, welche Dopingmittel wann, wie oft verabreicht wurden und ob diese Mittel Ursache für heutige Gesundheitsschäden sind. „Wir sehen es als unsere Aufgabe an, auch diese Geschichte des Sports transparent darzulegen und darüber zu informieren – um etwa Nachwuchssportler aufzuklären und eben um den Betroffenen zu zeigen, dass wir an ihrer Seite stehen“, erklärt LSB-Hauptgeschäftsführer Thomas Zirkel im Rahmen des Treffens.

Betroffene haben bis heute große Hürden zu überwinden. Sie sind in der Beweispflicht, was die Verfahren um Entschädigungsleistungen betrifft. Erschwerend kommt hinzu, dass die ohnehin dünne Faktenlage an Belegen an unterschiedlichen Orten aufbewahrt wird und über deren Existenz und Ort zunächst Kenntnis herrschen muss. „Das ist für die Betroffenen wie ein großes Puzzle mit vielen Lücken“ sagte Anke Schiller-Mönch als Ansprechpartnerin des LSB Thüringen für Doping-Opfer. Die Puzzleteile finden sich in medizinischen Akten, in Stasiakten, Ermittlungsakten und anderen Dokumenten und sind oftmals unvollständig erschlossen. „Entsprechende Informationen findet also nur, wer genau weiß, wo was steht.“

Diese Wissenslücke soll nun geschlossen werden, um Betroffene auf ihrem Weg zur Durchsetzung von Entschädigungsansprüchen zu unterstützen. Die Thüringer Staatskanzlei, das Landesarchiv Thüringen und der LSB haben das langfristige Ziel eine Datenbank aufzubauen, die vorhandene Materialien und deren Aufbewahrungsorte auflistet. Noch steht das Vorhaben am Anfang. Als erster wichtiger Schritt entsteht durch die Vernetzung eine Auflistung zu vorhandener Literatur und vorhandenen Quellen, die bei LSB und Staatskanzlei erfragt werden kann. 

Das Landesarchiv Thüringen hat aufbewahrte Ermittlungsakten zum DDR-Staatsdoping und Akten des Sportmedizinischen Dienstes bereits erschlossen und im Archivportal Thüringen elektronisch erfasst. „Es ist ein Glücksfall für die Betroffenen, mit wieviel Leidenschaft und auch fachlicher Kompetenz das Landesarchiv die Akten erschließt“, bedankte sich Thomas Zirkel. Auch die Zeit spielt eine Rolle, damit die Betroffenen überhaupt noch eine Entschädigung erhalten, teils liegen die Fälle bis zu 50 Jahre zurück.

Das aktuelle Konzept soll sich nicht nur auf Thüringen beschränken. So ist man bereits im Gespräch mit Anne Drescher, Landesbeauftragte für Mecklenburg-Vorpommern für die Aufarbeitung der SED-Diktatur, was eine Zusammenarbeit betrifft. Dort stößt das Projekt auf positive Resonanz.

Wichtige Meilensteine der Aufarbeitung

Ein erster Schritt der gemeinsamen Aufarbeitung war die Schaffung einer Beratungsstelle für Doping-Opfer und Betroffene vom Doping im Leistungssport der ehemaligen DDR durch den LSB. Im August 2019 wurde an der Landessportschule in Bad Blankenburg ein gemeinsames Symposium mit betroffenen Athletinnen und Athleten sowie Vertreterinnen und Vertretern aus Medizin und Verwaltung durchgeführt. Ein dort gegründetes Netzwerk von Ärztinnen und Ärzten erleichtert es Betroffenen, Hilfe für die Therapie von Gesundheitsschäden zu finden, die vermutlich Folge der damaligen Dopingmittelvergabe sind. Im November 2020 erfolgte die Veröffentlichung einer Publikation „Gemeinsam aus dem Schatten ins Licht: Doping und seine Folgen – Einsatz leistungssteigernder Mittel im Leistungssport der ehemaligen DDR und dessen Auswirkungen“. Zeitgleich vergaben Thüringer Staatskanzlei und LSB einen Forschungsauftrag an Dr. Jutta Braun und Dr. René Wiese vom Zentrum deutsche Sportgeschichte zur Vergabepraxis von Dopingmitteln und erlittenem Unrecht im DDR-Sport, der unter anderem die Auswertung von Ermittlungsakten zum DDR-Staatsdoping der Zentralen Ermittlungsstelle für Regierungs- und Vereinigungskriminalität (ZERV-Verfahren) beinhaltet. Der DOSB unterstützt das das bis 2022 laufende Vorhaben finanziell.

Die Teilnehmerinnen der Beratung in Erfurt (v.l.n.r.): Charis Klingohr, Jaqueline Schulte (beide Thüringer Staatskanzlei), Katrin Göring vom Landesarchiv Thüringen und Anke Schiller-Mönch vom LSB Thüringen. Foto: LSB


Unsere Partner